Sehr geehrte Frau Ludwig,
bereits früher haben Sie sich mit plakativen Aussagen wie „Tirol baut, Bayern schaut“ für eine zügige Planung der Zulaufstrecke ausgesprochen und wie den Gremienprotokollen zu entnehmen ist auch explizit hinter die Notwendigkeit eines 3. und 4. Neubaugleises zum Brenner-Nordzulauf gestellt. Wir begrüßen Ihre „Forderungen an die Planer“ (OVB 4.1.17) ausdrücklich, müssen aber feststellen, dass Sie auch in Ihren aktuellen Veröffentlichungen weiterhin an den Neubauplänen für ein 3. und 4. Gleis festhalten, obwohl der Bundesverkehrsminister einen eindeutigen Nachweis des Bedarfs hierfür bis heute schuldig geblieben ist.
Herrn Dobrindt und auch Ihnen ist bekannt, dass die Bedarfsberechnungen beim Nordzulauf von Intraplan/BVU für den Bundesverkehrswegeplan 2015 für ein 3. und 4. Gleis nicht belastbar und verwertbar sind. Dies haben sowohl die Bewertungen des Amtsvorgängers Dr. Ramsauer als auch das Gutachten der Vieregg-Rössler GmbH aufgezeigt. Die prognostizierten Zugzahlen wurden massiv schön gerechnet, um den gesetzlich geforderten Nutzen-Kosten-Faktor >1 darstellen zu können. Dieser fiel trotzdem mit + 1,16 sehr knapp aus.
Daher wurde das Planungs- und Neubauvorhaben zum Brenner-Nordzulauf in den aktuellen Bundesverkehrswegeplan auch unter dem Hinweis, dass die Kosten noch ermittelt werden und die Maßnahme nachträglich noch bewertet wird, aufgenommen.
Was haben Sie konkret unternommen, damit Herrn Bundesverkehrsminister Dobrindt diesen Fehler korrigiert und korrekte Berechnungen vorlegt?
Am 23.12.2016 wurde im Bundestag das 3. Änderungsgesetz zum Bundesschienenwegeausbaugesetz beschlossen um damit die Finanzierung sicherzustellen. Durch dieses Gesetz ist die Planung der Zulaufstrecke München – Kufstein, einschliesslich eines 3. und 4. Neubaugleises im Inntal auch ohne den sonst notwendigen Bedarfsnachweis beschlossene Sache. Da die Notwendigkeit aber noch nicht dargelegt wurde, ist dieses Gesetz bedeutend mehr, als nur eine reine Formsache. Bei der Abstimmung muss auch Ihnen bekannt gewesen sein, dass der gesetzlich vorgeschriebene Nachweis des Bedarfs durch dieses Gesetz nun hinfällig wird. Die Planung des Brenner-Nordzulaufs hätte somit niemals in den „vordringlichen Bedarf“ dieses Gesetzes mit aufgenommen werden dürfen.
Für den betroffenen Bürger muss dies aussehen, wie der Versuch, die Planungen für ein 3. und 4. Gleis schnell per Gesetz legitimieren zu lassen, bevor die fehlende Notwendigkeit offenkundig wird. Und wir können Ihnen aus den Erfahrungen mehrerer, gut besuchter Informationsveranstaltungen berichten, dass dies bei Ihren Wählern überhaupt nicht gut ankommt.
Daher fragen wir Sie, Frau Ludwig: Wie haben Sie als gewählte Vertreterin unseres Landkreises bei der Beschlussfassung zu diesem Gesetz abgestimmt?
Wir hoffen, Sie haben sich klar und deutlich dagegen ausgesprochen und damit für den Schutz Ihres Wählerkreises eingesetzt. Anderenfalls müssten Sie sich für eine fragwürdig finanzierte Planung und letztlich der sinnlosen Zerstörung unserer Heimat verantworten.
Wir fordern: Die fehlende Nutzen-Kosten-Rechnung muss nachgereicht werden. Mit dieser muss nachvollziehbar und überprüfbar dargestellt werden, mit welcher eventuellen künftigen, noch nicht bekannten Zugzahl überhaupt ein Nutzen spürbar über dem Faktor 1 vorliegen könnte. Bisher sind bereits etliche Millionen Euro in die Planungen investiert worden. Um eine weitere Verschwendung von Steuergeldern durch unbegründete Planungen zu vermeiden, fordern wir, bis dahin sämtliche Planungsmaßnahmen einzustellen. Des weiteren muss hierbei auch die alle 5 Jahre vorgeschriebene, bisher aber versäumte Aktualisierung des zugrunde gelegten Datenmaterials mit einbezogen werden.
Wir fordern weiterhin: Der Planungsdialog mit der DB Netz AG muss komplett neu begonnen werden, da eine Beteiligung der Bürger im erweiterten Planungsraum bisher nicht erfolgte. Diese fordern zu Recht die gleichen Möglichkeiten der Beteiligung wie sie bereits seit 2 Jahren den Bürgern im gemeinsamen Planungsraum gewährt wurden. Sich jetzt für eine unverzügliche Wiederaufnahme des Planungsdialoges ab dem 6. März einzusetzen bedeutet einen Schlag in’s Gesicht der Gemeinden im erweiterten Planungsraum. Es wurde mehrfach versprochen, der Planungsdialog würde ausgesetzt, bis diese Gemeinden „auf den gleichen Stand“ gebracht sind.
Was gedenken Sie, gegen diese Ungerechtigkeit und erneute Ungleichbehandlung der Bürger in Ihrem Wahlkreis zu unternehmen. Wie werden Sie den Bürgern zu Ihrem Recht auf Beteiligung verhelfen?
Ihre Bemühungen um Ruhe an der Front und den Eindruck der Einigkeit zwischen den Gemeinden ist in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen nachvollziehbar. Wir sehen allerdings wenig Chancen für Herrn Bundesverkehrsminister Dobrindt am 6. März tatsächlich „Wogen glätten“ zu können, solange Vertreter der Bürgerinitiativen nicht die Gelegenheit erhalten, ihre berechtigten und nachvollziehbaren Fragen stellen zu können. Ein Zutritt zu den Gesprächen ohne Rede- und Fragerecht, wie Sie dies vorgeschlagen haben, ist für uns nicht hinnehmbar! In diesem Fall wären wir auf der Strasse sicher besser aufgehoben, denn dort wird man uns mit Sicherheit zuhören.
Um ähnliche Ungerechtigkeiten in den angrenzenden Nachbarlandkreisen zu vermeiden, wiederholen wir unsere Forderung, der Offenlegung aller Planungsziele der DB Netz AG auch über die Landkreisgrenzen hinaus. Wir erwarten von Ihnen als Repräsentantin unseres Landkreises, sich mit aller Kraft und allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen jegliche Planung, deren Notwendigkeit nicht eindeutig belegt wurde, einzusetzen und sich schützend vor unsere und die Heimat unserer Kinder zu stellen!
Mit freundlichen Grüßen
für den Vorstand
Thomas Riedrich